Am vergangenen Montag waren wir wieder mit unserem Programm „Schnipseljagd mit Amadeus“ unterwegs. Da wir noch nie über dieses Programm schrieben, möchte ich nach langer Blogpause von diesem Konzert erzählen.
Wir spielten im Sorbischen Museum in Bautzen für Schüler des Förderschulzentrums Bautzen. Es war für uns eine große Freude, denn so aufmerksame Zuhörer hatten wir lange nicht in einem Schulkonzert.
Doch fangen wir von vorn an… nach einem ereignisreichen Konzertwochenende versuche ich (Susanne Schneider) mich noch beim Wachwerden, hier auf dem Bild stehe ich frühmorgens am vereinbarten Treffpunkt und warte auf Klavier-Anke. Ich bin durch den Regen geradelt, in Kombination mit dem Kaffee am Morgen beginnt das „Wach“. Anke kommt kurz darauf mit dem beladenen Auto und wir starten nach Bautzen…


Durch dicke Regen- und Nebelschwaden hindurch fahren wir nach Bautzen, wo wir wohlbehalten ankommen, die Kirchturmspitzen alle nebelverhangen und es regnete…


Die schmale Toreinfahrt auf den großen Hof der Ortenburg trafen wir trotz Nebel und luden am Museum schnell aus. Bereits eine Stunde vor Beginn da zu sein, klingt früh, aber wir schaffen es immer gerade so, zur Zeit mit allem fertig zu sein… denn es muss einiges aufgebaut werden. Das E-Piano, mit dem wir eine Celesta imitieren, die Verstärker-Anlage, mit der wir das E-Piano und die Bassflöte verstärken, verschiedene weitere Flöten sind auszupacken, die Schnipsel, die wir vorsichtig mit wiederablösbaren Klebekügelchen ankleben, müssen angebracht werden, kurzer Soundcheck mit allem Equipment… wir wollen ja viel über Mozart und seine Musik erzählen.

Wir beginnen dieses Programm immer mit dem Lied „Komm lieber Mai und mache“, es ist das Lied, das Mozart im Januar seines letzten Lebensjahres 1791 als „Sehnsucht nach dem Frühlinge“ schrieb, vielleicht aus einem Ohrwurmanfall heraus, denn im dritten Satz seines letzten Klavierkonzerts in B-Dur KV 595 (das er wenige Tage zuvor vollendete) kommt es thematisch vor. Er spielte noch selbst die Uraufführung des Klavierkonzerts im März 1791, war jedoch als Solist nicht mehr sehr gefragt, das Uraufführungskonzert war sein letzter öffentlicher Auftritt dieser Art. Dieses schöne Lied, das alle kennen und das heute ein Dasein zwischen Kunst- und Volkslied führt, ist genau der richtige Einstieg in unser Mozartprogramm, denn seine Musik pendelt ja inzwischen oft zwischen Volksmusikstatus und unverstandenen Kunstformen.
Wir setzen dann immer mit drei Beispielmelodien fort, die genau das zeigen, denn diese Melodien hat eigentlich jeder schon mal gehört, aber dass es von Mozart ist, wissen viele dann doch nicht. Z.Bsp. den Beginn der kleinen Nachtmusik (das kennen meistens alle, aber auf den Namen des Komponisten kommen erstaunlicherweise immer nur wenige), das Lied des Papageno („hm… schon mal gehört, was ist das?“) und ein Kinderlied, das Mozart in der Zauberflöte an der Stelle versteckte, an der gefährliche Krieger plötzlich anfangen, zu tanzen… dazu habe ich extra eine ganz einfache Anfängerquerflöte im Gepäck, damit alle ganz nebenbei sehen, dass Flöte spielen eigentlich ein Kinderspiel ist. 😉 Die Erinnerung an Kindergartentage ploppt bei diesem Lied bei den allermeisten auf und wir sehen oft auch erste sehr erstaunte Gesichter unter den Lehrern… „Was?? Das ist bei Mozart zu finden?“… wir verraten aber jetzt hier im Blog auch nicht alles!


Da bei uns die Flöte eine große Rolle spielt, müssen wir natürlich auch über die „Zauberflöte“ erzählen. Zauberflöte? Was ist das überhaupt? Ist es die kleine Flöte, mit der Papageno die Vögel lockt oder ist es doch ganz anders? Wir erzählen etwas von der Story… wenn wir von der „Königin der Nacht“ erzählen, braucht es natürlich unbedingt ein Piccolo, Sarastro verlangt eine sanfte Bassflöte und die Zauberglöckchen die Celesta, zu der die Bassflöte die tanzenden Krieger imitiert…

Wir erzählen davon, dass Mozart keine Schule besuchte, aber dennoch viel lernte, wer seine Lehrer und Lehrerinnen waren, wo und was er und seine Schwester Nannerl überhaupt lernte und dass manchmal lange Zwangspausen in einer fernen Stadt zufällig auch eine naturwissenschaftliche Bildung der beiden möglich machte (wie während des wegen schwerer Krankheit des Vaters 1 1/2 Jahre langen Aufenthalts in London)… da lauschen alle immer besonders intensiv. Wir erzählen auch davon, dass Mozart sich mehr oder weniger gut als fast erster Freiberufler durchschlug und wie schwierig das damals war und auch heute noch ist. Schon damals war es üblich, als Musiker und besonders als Freiberufler in die Nische zu stoßen, die Sehnsucht der Menschen nach allem Unbekannten zu bedienen (denn das lässt die Leute zahlen)… so verwendete er in seinem Türkischen Marsch Janitscharen-Anklänge, damals etwas ganz Fremdländisches und auch Furchteinflössendes. Auch wenn mit den arabischen Ländern rege Handelsbeziehungen gepflegt wurden, die Beziehungen schwebten immerzu zwischen Krieg und Frieden. Das Besondere an Mozarts Musik zu verstehen, war damals und ist auch heutzutage eine Herausforderung für die meisten Menschen, deshalb ist uns dieses Programm immer besonders wichtig.
Eigentlich ist uns der Rahmen einer Schulstunde gesetzt, manchmal kommen Klassen aber aus dem Umland, die wieder zum Bus müssen und es eilig haben, wir versuchen immer, die Zeit einzuhalten, aber oft gelingt uns das nicht. Es tauchen im Laufe des Konzerts immer wieder Fragen der Kinder auf, auf die wir sehr gern eingehen. Schade, wenn wir das aus Zeitnot weglassen müssen, denn manche Klassen haben kaum Musikunterricht, saugen in diesem Konzert aber gierig alles auf.
Diesmal war genug Zeit, niemand hatte es eilig und das Ende war erst nach einer Stunde erreicht. Nach dem Suchen der Schnipsel (was diesmal mit unglaublich toller Disziplin geschah! Chapeau an alle Schüler und Lehrer!) spielten wir dann wie immer zum Abschluss gemeinsam den Türkischen Marsch mit viel Bing-Bing und Schepperdidong. Dafür verteilen wir unter den Kindern einige Instrumente wie Rasseln, Glöckchen, Schütteleier, Triangeln… Zwei Mutige dürfen direkt neben mir die Becken bedienen, die auf meinen Einsatz hin gespielt werden. Erstaunlicherweise klappt das nach kurzer Einweisung immer hervorragend! Diese Nummer entpuppt sich für mich langsam als kleines Fitnesstraining, denn die virtuosen Passagen spiele ich immer in Kniebeuge, damit das Gerassel pausiert. Wenn ich wieder auftauche und den Beckenspielern den Einsatz gebe, beginnt auch das Janitscharen-Gerassel wieder. Wenn ich nochmals in die Knie gehe, hören sie wieder auf. Faszinierend und meine ersten dirigentischen Erfahrungen! *Lach… 😉

Auf dem nächsten Bild sieht man übrigens die Anfänger-Querflöte, auf der auch schon kleine Kinder spielen können (Tipp an die Eltern: Das ist viel leichter als Blockflöte für die kleinen Kinderfinger und den Querflötenansatz lernt man in dem Alter noch sehr leicht! Lasst eure Kinder bitte gleich mit der Querflöte anfangen. Blockflöte ist kompliziert, sie ist kein Kinderinstrument, verlangt eine sehr spezielle Atemtechnik und ist eher etwas für ambitionierte Liebhaber und Profis. Es tut mir immer sehr weh, wenn ganze Schulklassen gemeinsam Blockflöte lernen müssen, die musik-theoretischen Grundbegriffe könnte man an einfach zu bedienenden Klaviertastaturen besser vermitteln. Bläserklassen verlangen nach individueller Betreuung, für die meistens Zeit und Lehrer fehlen.).
Ich konnte meinen persönlichen Ärger vom Wochenende noch nicht ganz vergessen, wie man der Bildunterschrift des nächsten Bildes entnehmen kann… inzwischen ist meine sturzgeschädigte Orchesterflöte in den besten Händen beim Instrumentenbauer und mir ist ein bisschen wohler, dass ich sie bald wiederbekomme. Aber am Wochenende und auch noch am Montag war mir eher zum Heulen zumute, dass inmitten von Profis mein Pult umfiel… dass alles gut ging, verdanke ich unglaublich tollen Flötenkolleg:innen und dem permanenten Spielen auf verschiedensten Flöten, an die ich mich immer wieder neu anpassen muss. Beim Flötespielen sind zu 50% Instrument und 50% der Spieler entscheidend, wie es klingt. Ich liebe es, aus den verschiedensten Flöten schöne Klänge hervorzuzaubern und versuche, all meine Erfahrungen damit an meine Schüler weiterzugeben (ich habe nur eine Handvoll kleiner Anfänger aus der Nachbarschaft, die am Montagnachmittag zu mir kommen, für mehr fehlt mir im Orchesteralltag einfach Zeit und Muse).
Mozart mochte die Flöte wohl nicht so sehr (so sagt man jedenfalls, weil er sie relativ wenig – wenn, dann allerdings in wunderschönen Stücken – verwendete), aber vielleicht war er auch einfach unzufrieden mit den damaligen Instrumenten und kannte nur wenige gute Flötenspieler:innen… ich würde ihn heute gern mal dazu befragen, aber Zeitreisen sind ja leider nach wie vor nicht möglich.

Ein rundum schöner Wochenstart war das also. Wenn auch ihr einmal auf Schnipseljagd mit Amadeus gehen wollt, schreibt uns einfach, wir spielen es als Schul-, Familien- oder auch Seniorenkonzert in nahezu jeder Umgebung. Wir freuen uns auf eure Post! (Nutzt gern unser Kontaktformular.)

Kommentar verfassen