Update zu den bisher geplanten Veranstaltungen am Ende des Artikels
Vor einem reichlichen halben Jahr begannen wir mit der Planung eines Projektes, das im März erstmals in Sachsen vorgestellt wird und bald eine Fortsetzung erfahren soll. Wir bieten für Schüler der älteren Jahrgänge und darüber hinaus für jedermann einen „Blick in die Welt von Gestern“. Zwei Lesungen zu diesem Thema werden wir in Zusammenarbeit mit Michael Stacheder aus Bad Aibling in unser Angebotsprogramm aufnehmen.
Michael Stacheder widmet sich als Initiator der Max-Mannheimer-Kulturtage Bad Aibling in besonderer Art und Weise dem Thema #MiteinanderErinnern und es liegt nahezu auf der Hand, dass sich auch unsere Zusammenarbeit um dieses Thema rankt. Stefan Zweig und Max Mannheimer. Beide stehen für jeweils eine Epoche, die wegweisend für unser heutiges Zusammenleben war, zwei Zeitzeugenberichte der besonderen Art sind uns erhalten:

Stefan Zweig, geboren 1881 in Wien, erlebte eine Zeit der Gelöstheit und Heiterkeit vor dem ersten Weltkrieg, die Kriegswirren ebenso wie Glanz und Schatten in Europa bis zu Hitlers Machtergreifung. Wie viele Künstler und Literaten ging er notgedrungen ins Exil, als sich in den 30er Jahren die düsteren Schatten des Faschismus über Europa legten, doch seine Erinnerungen an die „Welt von Gestern“ blieb, er hinterließ sie uns als literarisches Vermächtnis, das heute aktueller denn je ist. Stefan Zweig, der sehr gut vernetzte Kosmopolit seiner Zeit, hatte eine Vision von einer friedlichen und demokratischen Welt, von einem geeinten Europa, die sich zu seinen Lebzeiten nicht erfüllte. Er hielt in seinen Erinnerungen nicht so sehr sein eigenes Schicksal fest als vielmehr das seiner Generation.

Max Mannheimer hat alles durchlitten, was einem Menschen in dem von den Deutschen entfesselten Inferno zustoßen konnte: Demütigung, Vertreibung, Internierung im Ghetto, Tod fast der ganzen Familie in der Gaskammer, Arbeitslager und KZ, Hunger, Krankheit und Misshandlung. Wie durch ein Wunder hat er die Hölle überlebt. Mannheimer sprach lange nicht über das, was er erlebt hatte. Erst, als er irrtümlich seinen Tod nahe glaubte, entschloss er sich, für die Nachgeborenen das Erlittene festzuhalten.
Max Mannheimer war bis zu seinem Tode im September 2016 unermüdlich tätig in Vorträgen, Diskussionen und Führungen durch die KZ-Gedenkstätte Dachau. In zahllosen Veranstaltungen, vor allem auch in Schulen, leistete er die schmerzlichste Arbeit der Erinnerung. Sein „Spätes Tagebuch“ ist ein großes menschliches Dokument.
Diese beiden Dokumente wollen wir, von Musik umrahmt oder zum Teil untermalt, ganz im Sinne der beiden Verfasser in Schulen, in Volkshochschulen, in Bibliotheken und Kulturhäuser bringen. Jeder sollte sie kennen. In Zeiten, in denen rechtsextremes Gedankengut wieder sagbar und scheinbar „normal“ wird, ist es wichtiger denn je. Gerade die heranwachsende Generation soll wissen:
Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah.
Max Mannheimer
Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.

Beide Lesungen sind einzeln buchbar oder aufeinander folgend an zwei verschiedenen Tagen. Nähere Informationen zu den beiden Lesungen finden Sie auch auf Michael Stacheders Blog Theaterwelten: Stefan Zweig – Die Welt von Gestern; Max Mannheimer – Spätes Tagebuch. Ein ausführliches Interview im Vorfeld unseres Projektes haben wir bereits hier vor einiger Zeit auf unserem Blog veröffentlicht.
Wir werden pro Schuljahr einige Tage für diese Lesungen reservieren und geben die genauen Daten rechtzeitig bekannt. Im Schuljahr 2019/20 kann noch am 17./18.3.2020, jeweils vormittags gebucht werden.
Update: Wir müssen leider aufgrund der Nachrichten der letzten Stunden die Veranstaltungen absagen. Gesundheitsministerin Petra Köpping teilte gestern Mittag mit: »Veranstaltungen, Kultur- oder Sportereignisse zu denen Besucher aus Bundesländern wir Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern erwartet werden, sollten abgesagt werden; da es dort bereits sehr viele Erkrankungsfälle gibt.«
Um unseren Beitrag zu leisten, dass sich das Virus nicht ungebremst weiter verbreitet, gebietet uns Vernunft und Vorsicht, die Veranstaltungen auf den Herbst zu verlegen. Die Angebote bleiben natürlich weiter bestehen und können gebucht werden. Sobald ein Terminfenster gefunden ist, werden wir hier näheres veröffentlichen. Vielen Dank!
–Die Abendveranstaltungen finden wie folgt statt:
- Ein Blick in „Die Welt von Gestern“ – Stefan Zweig
- Montag, 16. März 2020, 18.00 Uhr im ehemaligen Ortsamt Loschwitz, Grundstraße 3, 01326 Dresden – Eintritt: 10€ (Schüler ermäßigt 5€)
- Spätes Tagebuch – Max Mannheimer
- Dienstag, 17. März 2020, 19.00 Uhr in der SLUB Dresden, Klemperer-Saal, Zellescher Weg 18, 01069 Dresden – Eintritt frei
- Spätes Tagebuch – Max Mannheimer
- Mittwoch, 18. März 2020, 18.00 Uhr im ehemaligen Ortsamt Loschwitz, Grundstraße 3, 01326 Dresden Eintritt: 10€ (Schüler ermäßigt 5€)
Wir freuen uns auf Ihren Besuch! Kartenreservierungen nehmen wir gern bis 14.3.2020 unter leggieramente@web.de entgegen.
Fotonachweis:
- Max Mannheimer: Foto: Eva Faessler;
- Demonstrations-Banner: Foto: Michael Kobel
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